Herr Frank Wienand ist in Aachen als Herrenausstatter mit exzellentem Ruf bekannt. Sein Unternehmergeist reicht jedoch über die Mode hinaus: Im benachbarten Belgien betreibt er ein ganz anderes Projekt – an einem Ort, an dem schon vor langer Zeit gutes Tuch und feine Kleidung Teil einer kultivierten Gesellschaft waren.
Im Château Thor an der belgisch-deutschen Grenze trifft jahrhundertealte Geschichte auf modernes Flair. Hier werden Gäste in einem unverwechselbaren „vintage“-Ambiente empfangen, das Ruhe und vielseitige Eventmöglichkeiten bietet.
Im Interview erzählt Herr Wienand, wie er auf das Château aufmerksam wurde, warum gerade dieses Anwesen seine Entscheidung prägte und wie sich daraus eine lebendige Nutzung entwickelte. Er gibt Einblicke in die Herkunft seiner Gäste, die Bedeutung der Geschichte des Châteaus und die Attraktivität der Grenzregion für Immobilienkäufer. Zudem spricht er über seine Erfahrungen mit den Denkmalbehörden, teilt wertvolle Tipps für Interessenten und erklärt seine Gründe für den Verkauf aus Altersgründen.
1. Herr Wienand, Sie sind eigentlich Herrenausstatter in Aachen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Château in Belgien zu übernehmen?
Wir hatten dieses wunderschöne Anwesen damals in Internet gefunden und uns nach der ersten Besichtigung unsterblich verliebt. Ich wußte sofort, dass da irres Potenzial drin steckt – was nur rausgekitzelt werden muß.
2. Belgien ist ja berühmt für seine vielen Schlösser. Haben Sie vor dem Kauf des Château Thor auch andere Anwesen besichtigt? Was hat Sie letztlich neben der Nähe zur deutschen Grenze überzeugt?
Nein, ganz und gar nicht. Wir haben NUR dieses eine Gebäude angeschaut. Es war reiner Zufall, dass wir das Chateau gefunden hatten. Damals war es in einem wirklich desaströsen Zustand. Trotzdem: Anfang der 2000er hat fast das gesamte Anwesen neue Dachstühle und Dach bekommen und die erhblichen Förderung der Denkmalbehörde sind nicht zu verachten. Am meisten hat mich aber überzeugt, dass ich KEINE Grunderwerbssteuer zahlen musste (immerhin knapp 20 %) und auch als Deutscher nur 25 % Kapitalertragssteuer bei einem Verkauf auf einen Zugewinn zahlen brauche, Personen die schon mindesten 8 Jahre in Belgien wohnen brauen sogar garnichts an Steuern bezahlen bei einem Weiterverkauf. Das alles da es sich um eine Aktiengesellschaft handelt und nicht klassisch um ein Gebäude.
Aber gerade die unmittelbare Nähe zur deutschen Grenze war für uns logischeweise auch ein Hauptgrund das Chateau wirklich zu kaufen.
Historische Gebäude gibt es wie Sand am Meer – oft Sind diese aber derart abgelegen, dass es schwer ist dorthin Gäste zu bekommen. Es sind tatsächlich ja nur 4 Min – Zur Autobahn und zur deutschen Grenze und 10 Min bis Aachen Zentrtum und Eupen.
3. Mit welcher Intention haben Sie das Château übernommen? Hatten Sie von Anfang an ein konkretes Nutzungskonzept oder hat sich die Idee für die heutige Nutzung erst im Nachhinein entwickelt?
Anfangs wollten wir noch das Chateau zu Wohnungen umbauen. Da aber bereits eine Nutzung für ein Hotel/Event vorhanden war haben wir gedacht lass uns damit mal beginnen um schon mal Geld zu verdienen und nebenbei weiter auszubauen.
Das ist dann aber eingeschlagen wie eine Bombe und wir konnten uns vor Buchungen kaum retten. Da ich ja auch noch andere Verpfichtungen habe – Geschäft halt 🙂 – haben wir uns dann entschieden das Chateau nur an Wochenenden komplett zu vermieten. Würde ich mehr Zeit haben und auch gesundheitlich fitter wäre würde ich die ganze Woche auch noch vermieten. Anfragen sind da. Es ist aber leider keine Zeit.
Das soll jemand anderes machen, der sich darum zu 100 % kümmert – der kann den Umsatz sicher verdoppeln möglicherweise auch mehr realisieren. Es gibt ja auch noch eine Ausbaureserve von rund 1200 qm.
4. Woher kommen Ihre Gäste hauptsächlich? Sind es vor allem Deutsche, Belgier oder internationale Besucher?
Tatsächlich ist es absolut gemischt. Für Hochzeiten sind es meist Aachener/Kölner/Düsseldorfer, da diese ja ihre Freunde auch hier her bekommen müssen. Oft haben wir aber auch Firmen oder Familienevents ohne große Party, die kommen dann auch von überregional aus Belgien, Niederlande und teils sogar aus USA.
5. Welche Rolle spielt die Geschichte des Châteaus für Ihre Gäste – und für Sie persönlich?
Die Geschichte bzw das alter des Gebäudes ist für unsere Gäste das A und O. Man kann dieses Ambiente und den Charme nicht künstlich herstellen. Ich fühle, dass das Chateau eine eigene Seele hat und das fühlen auch unsere Gäste.
Wenn ich alleine im Chateau bin komme ich dermassen runter – das ist jedes Mal wie ein Kurzurlaub.
6. Ungestört entspannen im historischen Ambiente ist für viele Gäste wichtig. Daneben spielen Sehenswürdigkeiten und touristische Ziele eine Rolle. Welche Ausflugsziele empfehlen Ihre Gäste am häufigsten oder besuchen sie am liebsten in der Region?
Bei uns gibt es ja quasi alles.
Manche gehen auf den nahen Golfplatz, andere einfach spazieren oder biken.
Wieder andere machen Sightseeing in Aachen und Umgebung.
Zu Zeiten von Formel Eins in Spa oder dem weltgrößten Reitturnier „CHIO“ in Aachen steht das natürlich an erster Stelle.
7. Was macht die belgisch-deutsche Grenzregion Ihrer Meinung nach für deutsche Immobilienkäufer attraktiv – abgesehen von besonderen Projekten wie dem Château Thor?
Deutsch ist, neben Französich, die offizielle Amtssprache. Das ist natürlich schon ein riesen Vorteil für jemanden der hier investieren möchte. Wenn man die Sprache selber spricht gibt es viel weniger Probleme.
8. Denkmalschutz hat oft einen schweren Ruf – häufig sind die Dinge aber weniger kompliziert, als zum Beispiel im Internet dargestellt. Wie waren Ihre Erfahrungen mit den belgischen Denkmalbehörden bei der Restaurierung und Nutzung des Château Thor? Gab es besondere Auflagen oder Herausforderungen?
Ganz erhlich: Die Denkmalschutzbehörde ist extrem kooperativ und sie unterstützt den Besitzer soger aktiv beim Erhalt des Gebäudes. Es gibt bis zu 70 % Förderungen für alles mögliche – selbst die Gartenpflege wird gefördert. Wenn mal einmal verstanden hat wie das geht ist es wirklich einfach und unkompliziert. Die Behörde weiß ja auch, dass ein Gebäude das benutzt wird und womöglich sogar Geld (Steuern!) verdient, wird immer in besserem Zustand ist als ein leeres. Somit machen die viel mehr mit als allgemein angenommen.
9. Welche Tipps würden Sie Leuten geben, die darüber nachdenken, eine historische Immobilie mit gewerblicher Nutzung zu übernehmen? Was sind die größten Stolpersteine im Alltag?
Man muss erstmal so einiges probieren bis man den richtigen Weg gefunden hat und versteht wie das funkioniert. Es ist viel Arbeit und nichts für Kopfmenschen. Wenn man nur Sorge hat, was alles nicht klappen kann, wird man auch genau das bekommen. Ich bin ein absoluter Bauchmensch und Berufsoptimist und es klappt – wie man sieht.
Mein Motto ist: Probleme sind zum lösen da. Und es gibt kein Problem ohne Lösung – Krativität ist gefragt.
Nichts läuft nicht nach Plan – aber wo passiert das schon ?
Die Antwort auf Ihre Frage: Der größte Stolperstein ist man eigenlich immer selber.
10. Historische Immobilien fordern oft jahrelange Hingabe und viel Herzblut. Fällt es da schwer, irgendwann loszulassen? Sie verkaufen das Château aus Altersgründen – was wünschen Sie sich für den neuen Eigentümer?
Das Chatau braucht jemanden der dieses Schmuckstück weiter auch so behandelt und es dann weiter ausbaut. Das kann man natürlich sofort machen, wenn man das nötige Kleingeld hat oder eben über die Jahre, so wie es möglich ist. Ich hoffe unsere Nachfolger werden das auch so sehen. Dann bin ich beruhigt und kann mit guten Gefühl loslassen.
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