
Mitten in Palmas Altstadt, in der Calle Sant Feliu, liegen das Art Palace und das Art Lab von Gerhardt Braun, beides historische Gebäude. Das Art Palace ist im frühen 17. Jahrhundert errichtet und steht für den Reichtum und die kulturelle Vielfalt einer Stadt, die damals ein wichtiger Knotenpunkt mediterraner Handelsnetze war. Wo einst Händlerfamilien lebten, zeigt heute die Gerhardt Braun Gallery zeitgenössische Kunst und bringt diese in einen lebendigen Dialog mit den historischen Räumen.

Herr Braun, bevor wir über Kunst sprechen: Wie sind Sie eigentlich nach Palma gekommen und was war der Auslöser, hier nicht nur zu leben, sondern auch zu investieren ? Was war der Moment, in dem Ihnen klar wurde, dass dieser Ort zu Ihnen passt?
Palma hat mich von Anfang an fasziniert – für mich ist es eine Art Paradies. Ich habe schnell gespürt, dass diese Stadt genau das verbindet, was ich suche: Sie ist international und weltoffen, gleichzeitig aber überschaubar und persönlich. Dieses Zusammenspiel aus kosmopolitischem Flair und die besondere Atmosphäre einer historischen Stadt hat mich überzeugt. Der Moment, in dem ich hier ankam und die ersten Eindrücke auf mich wirken ließ, war tatsächlich der Moment, in dem ich wusste: Das ist mein Ort.
Was unterscheidet Palma – aus Ihrer Sicht – von anderen europäischen Städten, wenn es um Kultur, Lebensqualität und Räume für Kunst geht?
Palma unterscheidet sich für mich durch eine einzigartige Mischung aus Kultur, Lebensqualität und mediterranem Flair. Die Altstadt bietet ein inspirierendes historisches Umfeld, das man so in dieser Form kaum woanders findet – mit beeindruckenden Gebäuden, engen Gassen und einer Atmosphäre, die sowohl vom südlichen Flair als auch von kultureller Vielfalt getragen wird. Palma ist groß genug, um ein internationales Publikum anzuziehen, aber klein genug, dass Kunst und Kultur ganz nah bei den Menschen sind und direkter Austausch ermöglich ist. Besucher von Palma sind fasziniert von den historischen Gebäuden, und wenn sie kunstinteressiert sind, kommen sie direkt in die Galerieräume, angezogen von Kunst und historischem Ambiente. In diesem Moment entsteht ein unmittelbarer Dialog über die Werke und ihre Künstler. Diese Kombination macht Palma zu einem besonderen Ort für Künstler, Sammler und Kunstliebhaber.

Innenhof Art Palace
Würden Sie sagen, dass Ihre Arbeit in den historischen Gebäuden auch eine Form des kulturellen Engagements für die Stadt ist?
Ich sehe meine Arbeit in diesem Gebäude und generell mit der Galerie als eine Form des kulturellen Engagements für kunst- und kulturinteressierten Mallorquiner, Residenten auf Mallorca und Besucher der Stadt. Unsere Galerieräume – inzwischen sind es neben zwei Stadtpalais und der Galerie in Madrid insgesamt neun Ausstellungsräume, von denen die meisten in der Calle Sant Feliu liegen – bieten Raum für inspirierende Kunst und engagierte Kunstsammler und Liebhaber aus aller Welt. Gerade die Vernissagen schaffen Gelegenheiten für direkten Austausch mit den Künstlern und über ihre Kunst. Wir tragen dazu bei, dass Palma neben dem umfangreichen und sehr engagierten Kunst- und Kulturangebot der Stadt, wie das zeitgenössische Museum an der Stadtmauer oder die Casa Soleric am Passeig del Born mit faszinierenden Ausstellungen als kulturelle Stadt sichtbar bleibt und zeitgenössische Kunst hier einen festen Platz hat.

Ausstellungsraum Art Lab
Was macht das Art Palace, ein historisches Palais, für Sie zum idealen Ort, um die von Ihnen vertretene Kunst zu zeigen? Und was für eine Geschichte steht hinter dem Stadtpalais?
Hinter dem Stadtpalais steht die Geschichte eines Gebäudes, das seit dem 17. Jahrhundert Teil des Stadtbilds ist – errichtet von Kaufleuten, die hier ihren Status und ihren kulturellen Anspruch sichtbar machten. Heute knüpfen wir an diese Tradition an und öffnen die Räume für Kunst, Begegnung und Austausch. Mit wechselnden Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und einem klar zukunftsgerichteten Programm wollen wir nicht nur an die kulturelle Bedeutung des Ortes anknüpfen, sondern diesen auch weiterentwickeln – als offenen Raum für neue Perspektiven und gesellschaftliche Impulse.
Die historischen Räume sind für mich der ideale Ort, um die von uns vertretene Kunst zu zeigen, weil der Raum selbst Teil des Erlebnisses wird. Ganz anders als in einem der neutralen White Cube Ausstellungsräume. Hier spürt man schon beim Betreten – oder eigentlich schon davor – die Geschichte: die engen Gassen der Altstadt, die schweren Holztüren, die ornamentreichen Fassaden der Stadtpalais, das Spiel von Licht und Schatten. Innen verbinden sich hohe Decken, steinerne Treppen und historische Fensterrahmen und Balkonanbauten mit zeitgenössischer Kunst. Der Raum selbst wird Teil der Erzählung – es entsteht ein Dialog zwischen Werk und Architektur, zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In diesem Spannungsfeld setzt sich jede Ausstellung neu in Szene: Eine großformatige Installation bildet einen bewussten Kontrapunkt zur jahrhundertealten Bausubstanz, während farbintensive Malerei im Zusammenspiel mit dem traditionellen mallorquinischen Boden einen eigenen Resonanzraum eröffnet.
War es von Anfang an klar, dass es ein historisches Gebäude sein sollte – oder war das eher eine glückliche Fügung mit viel Potenzial?
Ursprünglich habe ich mit einem Concept Store begonnen, der Design-Möbel, Kunst und Fashion unter einem Dach vereinte. Das historische Gebäude erwies sich dabei als ideale Ergänzung und verlieh dem Konzept eine neue räumliche und inhaltliche Tiefe. Die Verbindung von zeitgenössischem Design und Kunst mit der Atmosphäre eines Stadtpalais hat sich als ideal erwiesen – und daraus hat sich letztlich das heutige Galerie-Konzept entwickelt.
Wie verändert ein solcher Ort – mit seiner Geschichte und Ausstrahlung – die Wirkung der Kunst, die Sie zeigen?
Wie schon erwähnt: Der Raum erzählt mit. Es entsteht ein Dialog zwischen Werk und Architektur, zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die Geschichte und Ausstrahlung des Ortes geben der Kunst eine zusätzliche Ebene – sie verleihen ihr Tiefe und Kontext. Eine Skulptur, ein Gemälde oder eine Installation wirkt hier nie losgelöst, sondern immer in Beziehung zum Raum. Das Licht, die Materialien, die Patina der Wände – all das verändert die Wahrnehmung der Werke.
Die Vorbereitung einer Ausstellung im Art Palace ist anspruchsvoll und erfordert viel Fingerspitzengefühl. Doch gerade daraus ergibt sich die besondere Qualität unserer Präsentationen. Wir erkennen früh, welche Werke in welchem architektonischen Kontext und in welcher Kombination ihre volle Wirkung entfalten. Diese Erfahrung bringen wir auch zu unseren Sammlerinnen und Sammlern mit. Häufig begleiten wir sie persönlich bei der Hängung ihrer Kunstwerke zu Hause – oft in ganz unterschiedlichen architektonischen Umgebungen. Unsere langjährige Auseinandersetzung mit der Wechselwirkung von Kunst und Raum hilft dabei, individuelle Lösungen zu finden, die der jeweiligen Architektur gerecht werden. Nicht selten entstehen daraus völlig neue Inszenierungen und Sammler entdecken ihre Werke neu, arrangieren sie anders und erzielen damit eine ganz eigene, oft intensivere Wirkung.


Ausstellungsraum Art Palace
Wie haben Sie die Räume verändert, um sie für die Kunstpräsentation nutzbar zu machen – ohne den historischen Charakter zu verlieren?
Die historischen Räumlichkeiten des Art Palace und Art Labs haben wir weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand belassen. An einer Stelle wurde eine Galerieebene eingezogen und moderne Elemente sind dezent integriert, um die Funktionalität zu erweitern, ohne den Charakter des Gebäudes zu verfälschen.
In anderen Ausstellungsräumen wie der ART HALL oder dem ART WINDOW greifen wir bewusst den neutralen Charakter des White Cube auf. Neben Einzelausstellungen präsentieren wir unsere Künstler auch in Gruppenausstellungen, sodass die Werke sowohl im historischen Kontext des Palais als auch im klaren, reduzierten Rahmen des White Cube ihre Wirkung entfalten können. Im White Cube wirkt das Kunstwerk ganz für sich, während im historischen Raum ein spannender Dialog zwischen Werk und Architektur entsteht.

Ausstellungsraum Art Palace
Welche Art von Kunst zeigen Sie in Ihrer Galerie – und wie würden Sie das Spektrum der vertretenen Künstler beschreiben?
In unseren Galerien zeigen wir zeitgenössische Kunst von Malerei, Skulptur bis hin zu Installation und Konzeptkunst. Der gemeinsame Nenner unserer Künstler ist ihr unverwechselbarer individueller Ausdruck und die Fähigkeit, aktuelle gesellschaftliche, philosophische oder ästhetische Fragen in ihrer Arbeit aufzugreifen und diese zu transportieren. Unsere Künstler sind international, kosmopolitisch geprägt und arbeiten oft interdisziplinär. Sie verbinden handwerkliche Präzision mit intellektueller Tiefe. Einige Künstler arbeiten mit kraftvollem, farbintensivem Gestus und schaffen expressive Dynamik und eine energiegeladene Formsprache. Andere bringen in ihren Arbeiten poetische und introspektive Elemente ein; sie verbinden Malerei und Konzept und laden zu einer vielschichtigen Auseinandersetzung ein. Weitere sind bekannt für figurative Werke zwischen Pop Art und klassischer Maltradition, die Themen wie Luxus, Konsumkultur und Zeitgeist reflektieren oder anderewiederum überzeugen mit minimalistischen, klaren Formen und einem sensiblen Umgang mit Materialität und Raum. Unabhängig vom architektonischen Kontext, ob in historischen Räumen oder im White Cube, schaffen die Werke bewusst gesetzte Momente der Reflexion und eröffnen dem Betrachter neue Perspektiven auf zeitgenössische Kunst.
Sie haben in der Straße noch weitere Ausstellungsräume, die meisten sind Teil von historischen Gebäuden. Suchen sich die Künstler die Ausstellungsräume aus oder wissen Sie genau welche Art von Kunst in welchen Ausstellungsraum passt?
Die Auswahl der Ausstellungsräume erfolgt immer sehr bewusst. Natürlich sprechen wir mit den Künstlern über die Räume und ihre Wirkung, aber letztlich ist es unsere Aufgabe als Galerie, zu entscheiden, welche Art von Kunst wo am besten zur Geltung kommt. Wir kennen die Besonderheiten unserer Ausstellungsorte sehr genau – ob es die historischen Stadtpalais sind oder die White Cube Räume wie die ART HALL oder das ART WINDOW, in denen die Werke ganz für sich wirken. Unser Ziel ist es, den Raum so zu wählen, dass er die Aussagekraft und Wirkung der Kunst unterstützt und verstärkt.

Wie reagieren die Künstler selbst auf diesen Ausstellungsort – ist die historische Kulisse für sie eher Herausforderung oder Inspiration?
Die historische Kulisse ist für viele Künstler zunächst eine besondere Herausforderung – weil sie wissen, dass der Raum selbst eine starke Präsenz hat und mitredet. Aber genau darin liegt auch die große Inspiration: Die Künstler spüren schnell, dass hier ein Dialog zwischen Werk und Architektur entsteht, der neue Perspektiven eröffnet. Viele nutzen die Atmosphäre, die Patina, das Licht und die Geschichte der Räume ganz bewusst, um ihre Arbeiten in einem anderen Kontext zu zeigen. Es ist immer spannend zu sehen, wie sich die Werke im historischen Umfeld verändern und eine zusätzliche Tiefe gewinnen.
Ihre Galerie zieht ein internationales Publikum an. Wer sind die Menschen, die den Weg in Ihre Räume finden – und spielt dabei neben den Ausstellungen auch die historische Architektur der Gebäude eine Rolle?
Unsere Galerie zieht tatsächlich ein sehr internationales Publikum an – Sammler, Kunstliebhaber, Künstlerkollegen, aber auch viele neugierige Besucher, die Palma als Kulturstadt entdecken wollen. Viele finden den Weg zu uns durch Empfehlungen und über die Medien.Und ja, die historischen Gebäude selbst spielen dabei eine wichtige Rolle. Die meisten Besucher sind sofort fasziniert von der Architektur, den Ornamenten, den alten Türen und Treppen. Oft ist es der erste Impuls, der sie in die Galerie führt – und dann erleben sie den spannenden Dialog zwischen Kunst und Raum. Es geht bei uns also nicht nur um die Ausstellung, sondern immer auch um das Gebäude als Teil des Gesamterlebnisses.
Und zuletzt: Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihrer Galerie – mehr Sichtbarkeit, mehr Dialog oder vielleicht ganz neue Formate?
Für die Zukunft wünschen wir uns, das bestehende Ausstellungskonzept um eine kreative Komponente zu erweitern – inspiriert vom interdisziplinären Ansatz des Bauhauses. Künstler, die an der Schnittstelle von Kunst und Design arbeiten, schaffen herausragende Objekte, die der angewandten Kunst zuzuordnen sind, etwa in Form von Möbeln oder handgefertigten Teppichen. Diese Arbeiten möchten wir gezielt in den Ausstellungskontext integrieren und ihnen in eigenen Räumen eine angemessene Bühne geben.
In der oberen Etage des Art Palace haben wir dafür bereits einen ersten Rahmen geschaffen: Dort präsentieren wir ausgewähltes Design gemeinsam mit bildender Kunst in einem abgetrennten Bereich. Perspektivisch möchten wir jedoch auch einen der Hauptausstellungsräume gezielt für diese dialogische Form öffnen. Dabei wird sowohl das historische Gebäude als auch ein neutral gehaltener White Cube Raum bewusst in die kuratorische Idee eingebunden, als Teil eines erweiterten Gesamtkunstwerks.
Die Verbindung von zeitgenössischer Kunst, innovativem Design und architektonischem Raum erzeugt eine neue, sinnlich erfahrbare Einheit. In Anlehnung an den Bauhaus Gedanken entsteht so ein Ort, an dem Gestaltung in all ihren Facetten sichtbar wird – ein Raum, in dem Kunst und Design nicht nebeneinander, sondern miteinander wirken und neue, inspirierende Formate ermöglichen.

Ausstellungsraum Art Palace
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